Auch die Richrather Notfallpraxis soll geschlossen werden. |
Die Vertreterversammlung der
Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein hat jetzt Beschlüsse zur
Neustrukturierung des ambulanten ärztlichen Bereitschaftsdienstes
gefasst.
Etwa die Hälfte aller noch bestehenden Notfallambulanzen im Regierungsbezirk
Düsseldorf und Köln sollen der so genannten „Neustrukturierung zur Sicherstellung
einer wirtschaftlich angemessenen, ausreichenden
Notdienstversorgung“ zum Opfer fallen. Auch die Notfallpraxis in
Langenfeld-Richrath soll geschlossen werden. Die Delegierten beschlossen, dass
es zukünftig nur noch 41 Notfalldienstpraxen im Landesteil Nordrhein
vorgehalten werden, deren Standorte noch nicht alle feststehen.
In der Bevölkerung und den
Krankenhäusern breitet sich indes Unmut über die Reformpläne der KV aus. Ambulanzen
und Krankenhäuser
klagen seit Jahren zunehmend über zu viel Andrang. Nicht selten müssten
Patienten bis zu vier Stunden warten, bis sie endlich behandelt werden.
Gründe sind u.a: Viele kommen in die Notaufnahme, weil ihnen
die Arztpraxen zu voll sind, die Praxis kurz vor Ende eines Quartals
geschlossen sind, weil sie sonst ihr Budget überschreiten würde oder weil sie
als Kassenpatienten erst nach Wochen bzw. Monaten einen Termin erhalten. Sie hoffen,
dass sie in der Notaufnahme schneller behandelt werden. Das ist jedoch nicht
so, denn in allen Krankenhäusern werden lebensbedrohliche Notfälle, wie zum
Beispiel Herzinfarkte stets vorrangig behandelt. So
werden in den Notfallaufnahmestellen der Krankenhäuser Tag und Nacht Patienten
mit unterschiedlichsten, teilweise harmlosen, aber oft auch lebensbedrohlichen
Krankheitszuständen versorgt. Nicht wenige von ihnen erst nach einer
stundenlangen Wartezeit.
Wie
viele Patienten wann kommen werden, welche Krankheiten und Verletzungen zu
behandeln sind, kann niemand in einer zentralen Notaufnahme vorhersehen, da
Notfälle nicht planbar sind. Die von der KV geplante Durchsetzung ihrer Neuordnung,
um eine flächendeckende Versorgung gewährleisten zu
wollen und diese gleichzeitig mit einer noch geringeren Zahl von Notfallärzten,
ist eine Reform, die nach hinten losgehen wird, da sie zulasten der
Behandlungsqualität geht.
Im medizinischen Versorgungssektor brauchen wir zwar
dringend Reformen, diese müssen sich jedoch zugunsten der Patienten auswirken.
Da nützt es auch nichts, an den Menschen zu appellieren, sie mögen „außerhalb
von ´echten Notfällen´ abends oder am Wochenende die nächste Notfalldienstpraxis
aufsuchen oder die Arztrufzentrale anzurufen“. Die KV nennt es „Neuordnung des
ärztlichen Bereitschaftsdienstes“ - andere nennen es „fortschreitende
Bankrotterklärung des deutschen Gesundheitssystems“.
Ziel einer Neuordnung (Reform) muss es sein, strukturelle
und personelle Anforderungen für Notaufnahmen nicht nur festzulegen, sondern diese
auch mit ausreichend notfallspezifisch ausgebildeten Fachärzten und Pflegenden zu
besetzen und den Krankenhäusern eine angemessene Finanzierung für die
Vorhaltung ihrer Notfallversorgung zukommen zu lassen. Darüber hinaus müssen
gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um das Personal in der
Notfallversorgung entsprechend vergüten zu können. Das ist Aufgabe der Politik
und der Krankenkassen, die den Versicherten bisweilen mit schönreden und
selbstgefälligen Statistiken Sand in die Augen streuen, statt den Tatsachen ins
Auge zu schauen, dass eine angemessene Gesundheitsversorgung immer mehr infrage
gestellt wird.
Ärztemangel
Um die Niederlassung für den Medizinernachwuchs
interessant zu machen, bedarf es auch hier verlässlichere Rahmenbedingungen:
Zuallererst müssen mehr Studienplätze in der Humanmedizin
geschaffen- und die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten wieder attraktiver
gestaltet -werden, um mehr Berufsanfänger für die kurative Medizin zu
begeistern. Neben besserer Anerkennung und Bezahlung der Arbeit in Klinik und
Praxis bedarf es zudem flankierende Maßnahmen wie Abbau von Überstunden und
Diensten, Abbau von Bürokratie, flexible Arbeitszeitregelungen und mehr
Angebote für die Kinderbetreuung.
Peter Ries