Düsseldorf darf kein Luxus-Getto werden - FREIE WÄHLER Düsseldorf fordern mehr bezahlbaren Wohnraum


Gerd Altmann Pixelio.de


Im Februar 2013 meldete eine Zeitung unter der Überschrift „Jetzt gibt es mehr als 600.000 Düsseldorfer“ und dass die Einwohnerzahl Düsseldorfs die 600.000er Grenze überschritten hat. Das Amt für Statistik der Stadt Düsseldorf gehe in einer Untersuchung der einzelnen Stadtbezirke von einer Bevölkerungszahl von 600 068 aus. Gegenüber der Einwohnerzahl von 569.046 im Jahr 2000 ist die Bevölkerungszahl Düsseldorfs kontinu-ierlich angestiegen - insgesamt um 5,4 Prozent. Der natürliche Saldo war 2011 knapp ausgeglichen und in 2012 sogar positiv: Die Geburtenzahl hat sich von 5.035 (2001) auf über 7.000 (2012) Geburten in Düsseldorf erhöht. Demgegenüber war die Anzahl der Sterbefälle 6.318 (2011).

Der Wanderungssaldo ist seit mehr als 20 Jahren positiv: In den Jahren 2001 bis 2011 schwankte der Wanderungssaldo zwischen plus 800 (2009) und plus 5.000 (2006)  pro Jahr. Im Jahr 2011 betrug der positive Wanderungssaldo plus 2.600. Dabei handelt es sich überwiegend um zahlungskräftige spezialisierte Arbeitskräfte, die von dem positiven Arbeitsmarkt Düsseldorfs angezogen werden. Das heißt: Die Stadt Düsseldorf setzt sich positiv vom Landestrend ab und wächst kontinuierlich.  


Bis 2025 erwartet die Stadtverwaltung ein weiteres Bevölkerungs­wachstum um 2.5 Prozent. Diese Prognose ist angesichts der bisherigen Entwicklung sogar eher noch als konservativ anzusehen. Diesem erfreulichen kontinuierlichen Bevölkerungsanstieg hat die Stadtverwaltung leider über­haupt nicht Rechnung getragen bei der Wohnungspolitik und insbe­sondere der Wohnungsbauförderung für sozialen Wohnungsbau. Die Zahlen sind leider eindeutig: Während im Jahr 2000 noch 1.853 Wohneinheiten (davon öffentlich gefördert mit Mietpreis- und Belegungsbindung: 367 Wohneinheiten) fertiggestellt wurden, waren es 2011 nur noch 411 (davon nur noch 88 Wohneinheiten mit Mietpreis- und Belegungsbindung)  - eine erschreckend geringe Zahl! Gegenüber einem durchschnittlichen Bevölkerungszuwachs von rund 2.500 pro Jahr ist das absolut unzureichend! Die jährliche Unterdeckung liegt bei mehr als 2000 Wohneinheiten. In der gleichen Zeit hat sich die Anzahl der Mietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung von 37.418 auf 21.467 reduziert – ein Rückgang von 42 Prozent – was man durchaus als eine dramatische Entwicklung bezeichnen kann. Im Ergebnis ist es zu einer Explosion der Mietkosten und Wohnungspreise gekommen, die für viele Düsseldorfer Einwohner mit Normaleinkommen nicht mehr tragbar sind: In den letzten 5 Jahren ist die Durchschnitts-Nettokaltmiete für Neubauwohnungen in Düsseldorf von 9,35 Euro pro Quadratmeter (1. Quartal 2007) auf 12,35 Euro (2. Quartal 2012) gestiegen – eine Steigerung um 32 Prozent. Dazu kommen noch die erheblich gestiegenen und weiter steigenden Energiepreise. In demselben Zeitraum sind die ohnehin schon hohen durchschnittlichen Preise für Neubau-Eigentumswohnungen in Düsseldorf von 2.754 Euro pro Quadratmeter auf 3.458 Euro gestiegen – eine Steigerung um 26 Prozent. Das sind Steigerungen, mit denen ein Normalverdiener nicht mehr mithalten kann. Beispielsweise ist eine 80 bis 100 Quadratmeter-Wohnung für eine vierköpfige Familie für 988 Euro bis 1.235 Euro plus Nebenkosten für viele Familien unbezahlbar.  

Die Stadt hat die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt jahrelang vernachlässigt, obwohl doch der Bevölkerungsanstieg Düsseldorfs schon viele Jahre anhält. Die Zeche zahlen nun die Düsseldorfer Bürger, vor allem die normal und unterdurch­schnittlich Verdienenden. Es fragt sich, wie Feuerwehrleute, Polizisten/innen, Krankenpfleger/innen, ganz normale Arbeitnehmer/innen etc. das bezahlen sollen? Es droht eine Entwicklung wie in anderen boomenden Städten (z. B. München), in denen alteingesessene Bürger aus der Stadt ziehen, weil sie es sich nicht mehr leisten können, in ihrer Heimatstadt zu wohnen.  

Die FREIEN WÄHLER haben auf diesen Missstand schon oft hingewiesen und Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum gefordert. Nun hat die Stadtverwaltung auf über 120 Seiten ein Konzept „ZUKUNFT WOHNEN. DÜSSELDORF“ vorgelegt, das dazu führen soll, die Wohnungssituation zu verbessern. Dieses Konzept wurde von Oberbürgermeister Elbers in einer gemeinsamen Sitzung von drei Ratsausschüssen (Wirtschaftsförderung, Wohnungswesen und Planung) am 22. März vorgestellt. Etwa die Hälfte der 120 Seiten beschäftigen sich mit der Darstellung der bedauerlichen Ist-Situation. Immerhin eine ehrliche Bestandsauf­nahme – die aber viel früher hätte erfolgen müssen. Auf weiteren rund 60 Seiten werden dann in relativ abstrakter Form zwölf Teilziele, mit sechs Aktionsfeldern und insgesamt 30 Maßnahmen beschrieben. Leider sind die Darstellungen sehr generisch und wenig konkret. Kernpunkt des vorgelegten Konzepts ist die Einführung einer Quote für sozial geförderten Wohnungsbau, die aber flexibel gehandhabt werden soll und nicht fix ist, wie in anderen Großstädten. 

Zukünftig soll gelten, dass jeder Investor, der mehr als 100 Wohneinheiten baut, einen Anteil von 20 Prozent öffentlich gefördertem Wohnraum und weiteren 20 Prozent sogenannten „preisgedämpften Wohnungsbau“ in Düsseldorf realisieren soll. Davon kann aber im Einzelfall abgewichen werden. Für Bauprojekte unter 100 Wohneinheiten gibt es keine konkreten Vorgaben. Interessant ist, was hier unter „preisgedämpftem Wohnungsbau“ verstanden wird – nämlich Wohnungen mit höchstens zehn Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete  oder mit einem Preis von 2.500 Euro/qm. Diese Preise wurden nach Aussage der Stadtverwaltung nach Gesprächen mit Maklern und Wohnungsbaugesellschaften aus Düsseldorf festgelegt - also den Profiteuren hoher Mieten und Immobilienpreise. Das Ganze soll flankiert werden durch „preisgünstige“ Darlehen der Stadtsparkasse, für die die Stadt Düsseldorf aber keine Bürgschaften o. ä. übernimmt. Soll heißen: die Kreditvergabe erfolgt banküblich entsprechend der Bonität der Bauherren zu banküblichen Konditionen. Es ist fraglich, ob dadurch wirklich ein Beitrag zur Stimulierung des sozialen Wohnungsbaus in Düsseldorf geleistet werden kann.
 
Die FREIEN WÄHLER sagen dazu: Die o. g. Zielpreise sind zwar deutlich geringer als die aktuellen Preise von 12,35 Euro pro Quadratmeter bzw. 3.458 Euro/qm – aber deshalb noch lange nicht preiswert und für sozial Schwächere und auch für Normalverdiener mit Familie immer noch zu hoch. Es würden dadurch nur die Übertreibungen der letzten Jahre etwas korrigiert. Sollten diese Ziele erreicht werden, ist es zwar ein Schritt in die richtige Richtung – aber viel zu spät und immer noch unzureichend. Besonders kritisch ist, dass das vorgelegte Konzept keine konkreten Zielzahlen enthält für die Anzahl der geförderten Wohneinheiten, die man damit realisieren will. 

Auf Anfrage der FREIEN WÄHLER in der gemeinsamen Sitzung der drei Ausschüsse am 22. März wurde lediglich für das laufende Jahr 2013 eine Zahl genannt – nämlich nur 180 bis 200 neue sozial geförderte Wohneinheiten.Das ist natürlich viel zu wenig und wird der Situation am Düsseldorfer Wohnungsmarkt nicht ansatzweise gerecht. 

Die FREIEN WÄHLER Düsseldorf fordern die Stadtverwaltung auf, konkrete Zahlen für die geplanten sozial geförderten neuen Wohnungs­einheiten in den nächsten Jahren zu nennen, damit der Erfolg dieses neuen Programmes auch bewertet und kontrolliert werden kann und die Anstrengungen zu erhöhen, um mehr als 180 bis 200 neue sozial geförderte Wohneinheiten pro Jahr zu erreichen. Zudem sollen Modelle entwickelt werden, die auch zu geringeren Mieten als 10 Euro pro Quadratmeter Netto-Kaltmiete bzw. Preisen von 2.500 Euro/qm führen, denn auch diese Preise sind für unterdurchschnittlich Verdienende, insbesondere auch für Familien und Alleinerziehende, noch zu hoch. „Düsseldorf darf kein Luxus-Getto werden“, hieß es aus der Ratsfraktion.